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Hottenroth PortraitBruno Hermann Hottenroth
 

"Es geht die alte Mär durch diese Lande

Dass abends spät in der Johannisnacht,

Wenn licht der Mond aus fernen Wolken leuchtet,

Geheimnisvoll ein Treiben hier beginnt ..."

(Rose-Manuskript 1910)

   
Hottenroth 04Nicht geheimnisvoll, dennoch abenteuerlich gewoben ist das Leben des Bruno Hermann Hottenroth. Am 17. November 1874 in Danzig als Sprössling einer wohlhabenden Familie geboren, der Großvater war Glasfabrikant, die Mutter Adelige, eine geborene "Trenckhan", zog ihn das Leben auf der Bühne unwiderstehlich an. Abenteuerlich war er veranlagt. Er unternahm in jungen Jahren, nach erfolgreicher Ausbildung, verschiedene Reisen in die europäischen Großstädte, u.a. nach Stockholm, London, Berlin. Später kamen Innsbruck und Rom hinzu. Wir wissen von Vorstellungen in Rom, wo er 1928/29 "Das Feuer von Rom" und "Das Kind von Apulien" sowie in Innsbruck das Stück "Schildburg" (1912?) aufführte. Wie schon diese Titel andeuten, handelte es sich dabei um ortsbezogene Sagen und Ereignisse. Diese Arbeitsweise, nämlich am jeweiligen Aufenthaltsort solche örtlichen Sagen und Begebenheiten in eigene Theaterstücke umzuschreiben, blieb B. H. Hottenroth sein ganzes Leben - auch in Deutschland - eigen.
  
Wenige dieser für das Volk geschriebenen Theaterstücke sind der Nachwelt erhalten geblieben. "Die Rose von Dilsberg" wird wohl das einzige noch bekannte Heimatstück aus seiner Feder sein, das im Neckartal als romantisches Bühnenspiel bis auf den heutigen Tag eine lokale und regionale Bedeutung erlangt hat.
 
Hottenroth 1910

Die Hauptdarsteller von 1910, rechts Bruno Hermann Hottenroth. Diese Aufnahme entstand im Pfarrgarten, dort wo noch heute sämtliche Theateraufführungen der "Burgbühne Dilsberg e.V." stattfinden.

"Armer Schauspieler" war seinerzeit sicherlich kein Schimpfwort, es war Tatsache. In der Wilhelminischen Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, als Vaterlandsliebe sich in traditionsreichen Vereinen und Festen manifestierte und allerorten öffentlich zur Schau getragen wurde, tingeltangelte Hottenroth mit einer bunten Schar Gleichgesinnter von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort durch die deutschen Lande. Um sich und seine Familie ernähren zu können, gab Hottenroth im Winter Tanzstunden, Englisch- und Französischunterricht. Wenn die Abende lang waren, es draußen kalt und neblig war, dichtete er Volksstücke aus bekannten oder weniger bekannten Sagen, um diese dann im nächstfolgenden Sommer im Freien aufführen zu können.
   
 

Hottenroth in deutschen Landen

Gesicherte Spuren seines facettenreichen Lebens hinterlässt Hottenroth in einem vom "Großherzogliches Bezirksamt Heidelberg" überlieferten Bericht. Darin gibt es Hinweise auf Aufenthaltsorte des noch jungen Schauspielers in Deutschland. Vermutlich schon 1896, ganz sicher am 7. Juli 1902, befand er sich in Osterburg (Krs. Magdeburg). Dort erbat und erhielt er von einem Theaterdirektor einen Vorschuss von 30 Mark, trat dann aber diese Stelle nicht an. Ein Jahr später (1903) führte er (in Zwickau?) unerlaubt das (1901 uraufgeführte) Meyer-Förstersche Theaterstück "Alt Heidelberg" auf. Das Schöffengericht Zwickau verurteilte ihn daraufhin wegen Verletzung des Verlagsrechts zu zehn Mark Strafe. In der Umgebung von Dortmund hielt er sich 1906 auf. Von Frankfurt kommend wohnte er am 2. Januar 1907 in Heidelberg (Große Mantelgasse 16). Wenige Monate später, am 4. Mai, meldete er sich nach Aue im Erzgebirge ab um am 24. Juni des gleichen Jahres in Dortmund wieder aufzukreuzen. Ende 1908 "nistete" er sich in Heidelberg ein, wo er "offiziell" bis etwa 1923 verblieb, allerdings mit häufigem Wohnungswechsel. Ruhelos zog es ihn währenddessen an verschiedene Orte, wie z. B. nach Dilsberg (neun Monate 1911), Wiesbaden, Frankfurt (Geburt eines Sohnes 1915), Schriesheim, Karlsruhe, Schwetzingen, Zürich, Neckarsteinach ... 1925 verblieb er während den Sommermonaten in Bad Wimpfen.
   

Hottenroth in Dilsberg
Hottenroth aber war überzeugt von dem Gedanken seine Werke im Freien dem Volke darzubieten. Nach der Ablehung eines Stückes im Heidelberger Schlosshof aufzuführen suchte er nach einer anderen Möglichkeit, diese Idee zu verwirklichen. 
 
Der Dichter und Schauspieler Hottenroth erfuhr von einem geschichtsträchtigen Dörfchen, unweit von Heidelberg. Sofort machte er sich auf den Weg, diesen, von einer ringsum geschlossenen Stadtmauer umgebenen und mit einer stolzen Burg gekrönten Ort, kennenzulernen: "Wenn man, von Heidelberg kommend, die Neckartalbahn nach Neckargemünd benutzt, sieht man von jener Stelle ... die auf einem hohen Bergkegel liegende Ortschaft Dilsberg, ... vom massigen Mauerwerk der Ruine überragt, ein Bild romantischer Art, das uns jetzt nicht mehr verlässt, gleichsam uns einladend und lockend, den Weg zur Höhe nicht zu scheuen." In Dilsberg angekommen, kehrte er, zusammen mit einigen seiner Getreuen, links vor dem Tor in der neu gebauten Gastwirtschaft "Zur schönen Aussicht" ein. Dieses wurde 1904 von dem Metzger und "Sonne-Wirt" Julius Zapf erbaut. Das Restaurant wurde 1987 verkauft und einige Jahre später (ca. 1995?) geschlossen. 
 

Schoene Aussicht01Bauernstube in der Gaststätte "Schönen Aussicht"

Dort ließen sie es sich nach dem langen Marsch, von Neckargemünd über Rainbach kommend, gut gehen.
 
Vom Wirt ausreichend mit Speis' und Trank bewirtet, setzten sie sich dann, mit dem behäbigen, aber freundlich dreinschauenden Wirt in Verbindung, um Näheres über den Ort und seine Geschichte zu erfahren.
 
"Er drückt uns einen „Führer von Dilsberg" in die Hand - dieses Heft war vermutlich "Der Dilsberg und die vier Burgen zu Neckarsteinach"
, Heft 5, in der Reihe "Deutsche Schlösser und Burgen", Schulte von Brühl, Leipzig, 1888 - mit dem Bemerken, dass wir in demselben alles Wissenswerte finden werden.

Postkarte1900Ausschnitt einer Postkarte um1900"

Wir sagen unsern Dank, sehen uns noch im Wirtschaftssaale die Bilder an, welche die 'Beschießung Dilsbergs durch Tilly', 'Bruno von Lauffen', 'Bligger Landschad von Steinach' sowie eine Burgansicht aus dem 18. Jahrhundert darstellen und wollen nun an Hand dieses Büchleins Dilsberg und seine Geschichte kennen lernen." So beschrieb der Dichter und Schauspieler Bruno Hermann Hottenroth seine erste Begegnung mit dem Burgflecken Dilsberg 1910.
 
Hottenroth begeisterte sich sofort an Dilsbergs Geschichte. Fasziniert unternahm er später mit dem Wirt Julius Zapf eine Ausgrabung auf dem Bannholzrücken, bei der sogenannten Schwedenschanze. Dort gewann Hottenroth den noch jungen Unterlehrer Albert Geier als 1. Vorsitzenden für den von ihm in Dilsberg gegründeten "Verein für Volksspiele auf der Bergveste Dilsberg".

 
Hiermit endet der Lebensabschnitt des Dichters, seines Zeichens
Über diese spannungsgeladene Zeit 1911 nach den Aufführungen in Dilsberg findet man nur wenige Spuren im Dilsberger Gemeindearchiv. So etwa im Verzeichnis der Abmeldungen aus der Gemeinde: "Hottenroth, Bruno Hermann, Schauspieler, neun Monate in Dilsberg, blieb 19,80 Mark Steuer schuldig." Dann der lapidare Satz: "... ist ohne steuerbares Einkommen. Unbeibringlich. Ebenso das Schulgeld für ein Söhnchen in Höhe von 3,20 Mark." Die Begründung dafür ist kurz und bündig: "Arm."
 
"Herr Hottenroth Baron von Berger, früher Schauspielhaus Hamburg, jetzt Wiener Burgtheater, mit einer Restschuld in Dilsberg." (Heidelberger Tageblatt - General Anzeiger, am 30. Mai 1911). In Heidelberg aber übernahm er am 20. Februar 1914 von Ernst Wichmann in der Mönchgasse ein "Zentralbüro für Theaterverkehr", genannt "Thespis". Sang und klanglos verlief indes das Leben Hottenroths weiterhin nicht. Auch in Bad Wimpfen treffen wir auf des Dichters Spuren. Dort nämlich, von Mai bis August 1925, führte er traditionsgemäß mit vielen Komparsen das Wimpfener Spiel vom "Pfeiferlein" auf: "Eine Heimatdichtung aus der Hohenstaufenzeit in 3 Vorgängen", so der Untertitel.
 
Nach früheren Aussagen eines Sohnes des Dichters wurde 1926 in Neckarsteinach das Ritterschauspiel "Die Schadek“ aufgeführt. Im "Neckarboten, Amtliches Verkündungs- und Volksblatt für Neckargemünd und Umgebung", erschien in 39 Folgen (von März bis Juli 1926) ein "Landschadenroman" aus seiner Feder - die Vorlage zu dem Schadek-Stück?
 
Um 1920 veranlassten politische Umstände angeblich die Beschlagnahmung seiner Dichtungen. Zahlreiche Fotos und andere biographische Dokumente sollen damals ebenso eingezogen worden sein. Sicher ist, dass heute kaum noch etwas von seinem vielfältigen Werk erhalten geblieben ist.
 
Sein letztes Werk "Die Schlacht im Teutoburger Wald" wurde in Burgdamm (Bremen), vermutlich 1932, aufgeführt. Bruno Hermann Hottenroth starb am 2. Januar 1933 in Bremen-Marssel.
 
Einer seiner Söhne wohnte mit Frau und Kindern längere Zeit in der näheren Umgebung des Dilsbergs. Dort arbeitete dieser vorübergehend in einer Rainbacher Gast- und Bauernwirtschaft. Aus einem mit dem Sohn geführten und damals protokollierten Gespräch entstammen zum Teil diese Angaben über das abenteuerlich geführte Leben des Vaters, Bruno Hermann Hottenroth.

Frans Hermans
    
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